Städtische Wildnis

 

Tuk Tuks und Motorroller zwischen Millionen von Autos auf einem Wirrwarr aus Straßen, auf denen keine Verkehrsregeln gelten und sich rund um die Uhr alles staut. Häuser, so hoch, dass sie eins werden mit dem Himmel, prägen das Stadtbild Bangkoks. Eine Stadt, die an Größe, Lärm und Unruhe ihresgleichen sucht. Es war, als wäre man in ein lebendiges Chaos katapultiert worden. 

 

Über Doha flogen wir von Hamburg aus in Thailands Hauptstadt. Und wenn ich „wir“ sage, so darf ich verkünden, diese Reise mit meiner Mutter angegangen zu sein.

Abgeleitet von Andrea nenne ich sie hier „Andi“.Weil ich sie auch sonst Andi nenne und jegliche Synonyme für „Mutter“ als nicht passend erscheinen. Denn für die kommende Zeit sind wir zwar weiterhin Mutter&Sohn, vor allem aber sind wir nun Reisepartner und Bezeichnungen wie „Mama“ oder „Mutti“ oder was auch immer würden irgendwie eine Hierarchie vorgeben, die wir hier definitiv nicht gebrauchen können. Zumindest ich nicht.

Kurze Vorstellung unsererseits:
Andi: Organisationstalent, hat für alles einen Plan, energiegeladen (besonders um 7:30Uhr), allzeit kommunikativ, Fotografie-süchtig, Geduld ist ein Fremdwort.

Alex: leichte Neigung zur Chaotik, liebt die Spontanität, Nachteule, Energie ist tagesformabhängig. 

Mit anderen Worten passen wir eigentlich gar nicht zusammen. Wenn da nicht die Begeisterung fürs Reisen wäre, die wir teilen. Gepaart mit der Möglichkeit, zum selben Zeitpunkt für einen längeren Zeitraum Urlaub zu haben, trafen wir kurzerhand die Entscheidung , auf eine Mutter-Sohn-Tour nach Südostasien zu gehen.Bangkok war nun das erste und einzige festgelegte Ziel, verbunden lediglich mit der Idee, von hier aus weiter in den Süden zu reisen. 

 

Dass wir uns auf die Metropole kaum vorbereitet hatten, wurde uns gleich am ersten Tag zum Verhängnis. Ein Ausflug in eine große Shopping-Mall, um ein paar Dinge zu erledigen, endete in einem Tagesausflug, als wir uns in den Gängen und Stockwerken des Siam Paragon und des „Central World“, verliefen und stundenlang nach bestimmten Geschäften suchen mussten. Erst im Nachhinein erfuhren wir, dass letzteres es unter die Top 10 der weltweit größten Shopping-Centers geschafft hat. Auch die Fahrten mit dem Tuk Tuk hin und zurück, für die wir rückblickend viel zu viel zahlten, unterschätzten wir in ihrer Dauer durch den sich stauenden Stadtverkehr, als uns endgültig klar wurde, dass es für einen effizienten Besuch dieser Stadt entweder eine gute Vorbereitung oder viel Zeit brauchte. Da wir weder das eine, noch das andere hatten, mussten wir unseren ersten Tag in Bangkok als verschenkt einordnen. Oder wie Andi sagte: „Der Tag war richtig beschissen.“ 

 

Da meine Spontanitätsstrategie somit bereits an Tag 1 scheiterte, übernahm sie die Planung unseres restlichen Aufenthaltes in Bangkok.  

Das bedeutete 7:00 Uhr aufstehen und aggressives Sightseeing, das uns zunächst in eine der Tempelregionen Bangkoks führte. Auf dem Fußmarsch dorthin spürten wir die Kraft der Sonne, die die Außentemperatur auf 35 Grad anstiegen ließ und vom Asphalt reflektiert sich wie 50 Grad anfühlte. Als wäre das nicht ausreichend gewesen, so mussten wir uns für einen Besuch der Tempelanlage natürlich noch lange Klamotten überwerfen. Bereits vor Betreten der Tempel wurde ich von mehreren Thailändern erbost darauf hingewiesen, dass ich in kurzer Hose hier nicht herumlaufen dürfe. Sicherlich hauptsächlich aus dem Grund, mich an einen der Staßenhändler zu vermitteln, die lange Hosen verkauften. Noch auf der Straße zog ich mir meine lange Hose über. Es war dann, als würde man mit Jeans in die Sauna gehen, mit dem Unterschied, dass wir hier Bangkoks königlichen Tempel- und Palastkomplex sehen konnten. Die Schatzkammer thailändischer Kunst und die Heimstätte des meistverehrendes Buddhabildnisses des Landes. 

 

Wir zogen weiter nach China-Town, eine der größten China-Towns weltweit im Stadtteil Samphanthawong gelegen. Als wir die Yaowarat-Road, die Hauptstraße und Herzstücks China Towns, betraten, war es für uns, als würden wir ein weiteres Mal in eine andere Welt eintauchen. 

Während wir den Trubel, wenngleich er hier auf ein neues Level gehoben wurde, nun bereits kannten, beeindruckte China-Town mit bunten Lichtern und kräftigen Farben. Riesige Leuchtreklamen mit chinesischen Schriftzügen vermitteln einem das Gefühl, kurz nach Hongkong versetzt worden zu sein. In den Nebenstraßen tauchten wir ein in ein Labyrinth aus Marktstraßen, auf denen alles mögliche angeboten wird. Haushaltswaren, Kinderspielzeug, Kleidung und Schmuck. Wir probierten das Streetfood, das es hier an jeder Ecke gibt. Für umgerechnet 1,50€ bekamen wir hier eine kleine Mahlzeit. China-Town ließ uns voll und ganz in seine Welt eintauchen, raubte uns in Kombination mit dem Tempelbesuch und den weiten Wegen, die wir an diesem Tag zu Fuß zurücklegten, aber die Energie, noch weitere der vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt zu besuchen. Was kein Drama für uns darstellte, so waren wir doch eher für die Natur Südostasiens hierher gekommen und Bangkok bot sich hauptsächlich als Zielflughafen an. Und alles sehen konnten wir bei ihrer Größe von der Stadt ohnehin nicht. Mit über 10 Mio Einwohner ist die Hauptstadt des Landes politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum mit Universitäten, Hochschulen, Palästen und über 400 Tempelanlagen und Klöstern sowie wichtigster Verkehrsknotenpunkt Thailands. 

 

Wir nutzten die restliche Zeit in Bangkok, um unsere nächsten Schritte für die Weiterreise zu planen. Insgesamt blicken wir auf einen wilden Aufenthalt in einer noch wilderen Stadt als Startpunkt unserer Reise zurück, dessen Kulturschock aber auch einem Startsignal gleichkam und uns eine lange Eingewöhnungsphase in Thailand überspringen ließ.