In Siem Reap prallten Welten aufeinander. Die eine vom Tourismus geprägt, die andere jene der Einheimischen. Und so vermischt sich hier eine Realität, in der kleine Kinder um Mitternacht in der völlig deplatziert wirkenden „Pub Street“ versuchen, Touristen Sachen für kleines Geld zu verkaufen.
Der Kontrast ist zu groß, um zu erkennen, dass der Tourismus den Einheimischen hier zu einem besseren Leben verhilft, als es Menschen anderswo in Kambodscha haben.
Ein Lebenstraum zog uns in ins Nachbarland Thailands. Andis Lebenstraum, den sie seit ihrer Kindheit verfolgt, als sie damals in einem „Was ist was“- Buch von den Tempelanlagen von Angkor las und seitdem vorhatte, sie eines Tages zu besuchen. Von Bangkok aus waren sie nun über eine achtstündige Busfahrt zu erreichen.
Über die App „12goAsia“ lassen sich Busfahrten hier super online buchen. Wir fanden ein Busunternehmen mit hervorragenden Service. Auch die Fahrt war angenehm, ebenso konnten wir die Hürde des Grenzübergangs nach Kambodscha problemlos meistern.
So interessant es war, die Landschaft und das Leben aus dem Bus zu beobachten, so war es auch der Spurwechsel nach dem Grenzübergang, als der Bus nun rechts, statt wie in Thailand im Linksverkehr, fuhr.
Unser Ziel war die Stadt Siem Reap im Landesinneren Kambodschas. Sie ist die Anlaufstelle für Menschen aus aller Welt, die die Tempelanlagen von Angkor sehen wollen und durch den Einfluss des Tourismus mittlerweile zur zweitgrößten Stadt des Landes mutiert.
Um 4 Uhr am Morgen des Folgetages fanden wir uns in selbigem TukTuk wieder, in dem wir einen Tag zuvor zu unserer Unterkunft gefahren wurden. Von unserem Fahrer hatten wir uns ein Komplettpaket für den Besuch der Tempelanlagen mit einem Tourguide andrehen lassen, um möglichst viel erfahren zu können. Dieser saß uns nun also gegenüber. Für die Uhrzeit und auch sonst hatte er unstrittig zu viel Energie und startete unsere Tour gleich mal mit einem Monolog, der die 20- minütige Anfahrt über andauerte, und er ließ sich von meinen verschlafenden und überforderten Blicken nicht irritieren. Der Ertrag des frühen Aufstehens sollte der Sonnenaufgang über Angkor Wat sein.
Angkor Wat ist dabei der größte und bedeutendste Tempel Angkors.
Einer ehemaligen Stadt, die einst die größte weltweit war. Vom 9.-15. Jhdt. war sie das Zentrum des historisches Reichs der Khmer und hatte mit knapp 1 Mio Einwohnern sowie einer Fläche, die die heutige New Yorks übertrumpfen würde, unvergleichbare Ausmaße. Von der Größe und Vielzahl an Tempelanlagen ganz zu schweigen. Über ein riesigen Kanalsystem zur Versorgung war die Stadt verbunden.
Da es keine schriftliche Überlieferungen gibt, bleiben bis heute offene Fragen, warum das Volk der Khmer die Stadt verließ und sie letztlich verfallen ist. Der Größenwahn der Könige beim grenzenlosen Ausbau der Stadt und dem damit verbundenen Anstieg erforderlicher Ressourcen soll im Zusammenspiel mit einer Veränderung des Klimas und der resultierenden Wasserknappheit das Ende Angkors besiegelt haben.
Wir sahen die Sonne über den nach Lotusblüten geformten Türmen aufsteigen, die auch in der kambodschanischen Flagge enthalten sind und sich in dem kleinen See vor uns zugleich spiegelten. Auch, wenn das Szenario ein Touristenmagnet ist, war es ein schöner, angenehmer Moment der Ruhe. Als unser Guide sein Programm wieder aufnahm, dachte ich, es könnte sich auch nur so angefühlt haben, weil er in diesem Moment nicht redete. Er war nett, und doch war es im Weiterverlauf mit ihm, als würde er ein Tonband seines Wissens abspielen, das man schwer unterbrechen konnte. Höhepunkt unseres Rundgangs im Angkor Wat- Tempel war der Ausblick auf die Anlage von einem der Türme, auf die wir hinaufsteigen konnten.
Im Anschluss brachte unser Guide uns in einen kleinen Shop auf dem Gelände und es konnte dabei offensichtlicher nicht sein, dass er mit dem Besitzer ein Ding am laufen hat, Touristen hier gemeinsam das Geld aus der Tasche zu ziehen, ehe wir zu unserem TukTuk und unserem Fahrer zurückkehrten.Wir fuhren in ein miserables Lokal, in dem unerkennbar alle Touristen zum Frühstück verfrachtet werden. Eher notgedrungen aßen wir hier ein kaltes Sandwich und warten noch heute vergeblich auf unsere bestellten Getränke.
Dann ging es noch weiter zu den Tempeln „Angkor Thom“ und „Bayon“, die wir besichtigten und zu denen unser Guide weiterhin viel zu sagen hatte. Die hier nur kurz erwähnt bleiben, wenngleich sie nicht weniger beeindruckend waren.
Bei allem, was wir hier sahen, fehlt die Vorstellungskraft, wie Menschen vor rund 1000 Jahren diesen Ort mit all seinen Bauten mitten im Dschungel Kambodschas erschaffen konnten.
Es war ein gelungener Ausflug, von dem wir völlig erschöpft nach Siem Reap zurückkehrten. Körperlich durch die vielen Schritte und geistig durch das frühe Aufstehen und das Tonband unseres Guides.