
Zeitraum: 3.2. - 10.2.
Was war das jetzt? Ein schlechter Film? Oder der ganz normale Wahnsinn meiner Reise?
Eine Frage, die sich im Zeitraum dieses Kapitels gleich mehrere Male stellte.
Das erste Mal bereits auf der Busfahrt nach San Pedro.
Zusammen mit Nicole war ich auf dem Weg in die Atacama-Wüste. Der Weg führte uns von Salta im Nordwesten Argentiniens über die Grenze nach Chile. Um die Grenze überqueren zu dürfen, muss man sich aus Argentinien ausstempeln, sich in Chile registrieren und das Gepäck checken lassen. Drei Schritte, nicht die Welt. Doch wenn Südamerikaner eines nicht können, dann ist es Organisation. Ich würde gerne das System kritisieren, aber es war hier nichtmal eines erkennbar. Anstatt die drei Schritte nacheinander in einem Rutsch zu durchlaufen, wurden alle Fahrgäste nach jedem einzelnen erstmal wieder zurück zum Bus geschickt und anschließend jeweils erneut aufgerufen. Das Prozedere dauerte schließlich drei Stunden an, als alle Fahrgäste die Grenze passieren durften und wir die Fahrt fortsetzen konnten.
San Pedro de Atacama
„Guys, get out of the bed and come outside! This is once in a lifetime!“
Der Rezeptionist meines Hostels war außer sich. Als ich vor die Tür trat, sah ich ihn mit dem Handy filmend, seinem Gesicht war die Freude abzulesen. „We have that in Germany every single day, i don`t need it in the desert“, antwortete ich verspätet auf seine Aufforderung, aus dem Zimmer zu kommen.
Es hatte tatsächlich geregnet. San Pedro de Atacama, auch bekannt als „The driest place on earth“ erlebt im Durchschnitt weniger als zwei Liter pro Quadratmeter Niederschlag im Jahr. Ein Wert, der bereits in diesen Minuten, während sich das gesamte Hostel das Spektakel ansah, übertroffen wurde.
Von San Pedro aus gibt es in der Atacamawüste eine Vielzahl Orte zu besuchen und Aktivitäten zu unternehmen. Allesamt fielen in diesen Tagen buchstäblich ins Wasser.
In San Pedros selbst war es an jeder Ecke erkennbar, dass diese Kleinstadt nicht für Regen gebaut wurde und die Menschen nicht auf ihn vorberietet sind. Die Straßen, keine von ihnen asphaltiert, verwandelten sich zu Flüssen. Aus den Häusern, Restaurants und Supermärkten beförderten die Menschen das Wasser mit Eimern auf die Straße.
In San Pedros selbst war es an jeder Ecke erkennbar, dass diese Kleinstadt nicht für Regen gebaut wurde und die Menschen nicht auf ihn vorberietet sind. Die Straßen, keine von ihnen asphaltiert, verwandelten sich zu Flüssen. Aus den Häusern, Restaurants und Supermärkten beförderten die Menschen das Wasser mit Eimern auf die Straße.
Was für ein Timing. Da bist du einmal im Leben in der Wüste, und dann regnet es.
Die Wettervorhersage für die kommende Woche glich der von Hamburg im November und ich wusste, es würde somit auch keinen Sinn machen, auf besseres Wetter zu warten.
Zumal San Pedro als Touristenhochburg auch derartig überteuert war.
Auch das beliebte Stargazing, an einem Ort inmitten der Atacamawüste lässt sich ein einzigartiger Sternenhimmel beobachten, der an keiner anderen Stelle weltweit so klar ist, war in diesen Tagen nicht möglich. Es war Vollmond und so wären die Sterne nur schwer erkennbar gewesen.
Lediglich einen Versuch unternahmen Nicole und ich, eine der Orte der Atacamawüste zu besuchen. Wir liehen uns Fahrräder und nahmen einen 45- minütigen Weg auf uns, um die Valle de la Luna zu besuchen, einen Teil der Atacamawüste, der das Bild einer Mondlandschaft abgibt. Bereits von weitem sahen wir dann das Schild „Cerrado“. Die Valle de la Luna stand unter Wasser. Und somit wurde dieser eine Versuch zu einer Bestätigung unseres Entschlusses, San Pedro bereits nach drei Tagen wieder zu verlassen.
Salar de Uyuni
Wir buchten die dreitägige Tour nach Uyuni. Von San Pedro ausfährt man zunächst über die Grenze nach Bolivien und dort mit einem Jeep durch Wüstengebiete Boliviens und schließlich durch die Salzwüste Salar de Uyuni. Doch auch die Uyuni-Tour sollte nicht ohne Umstände bleiben.
Der Grenzübergang nach Bolivien, ebenfalls Teil der Atacamawüste, war wegen des starken Schneefalls gesperrt. Wir mussten so einen vierstündigen Umweg zum nächsten Grenzübergang fahren und wurden daher bereits morgens um 4 mit einem Kleinbus abgeholt.
Aber es war Stromausfall an jenem Grenzübergang in Ollague. Unabsehbar, wann der Strom wieder funktionieren würde, die Grenze aber konnten wir so nicht passieren.
Einen Tag zuvor mussten alle Uyuni-Touren noch am ersten Tag ihrer Reise wieder umdrehen und nach San Pedro zurückfahren. Durch den Schneefall und den Starkregen war die Tour nicht durchführbar. Alle Touren des Vortages wurden auf den nächsten Tag verschoben.
Und so warteten heute insgesamt geschätzte 15 gefüllte Kleinbusse vor dem Grenzübergang. Ein Teil der Wartezeit konnte mit einem vorgezogenen Frühstück an der Grenze überbrückt werden, dessen Buffets und all die Menschen einem Jahrmarkt ähnelten.
Nach knapp drei Stunden wurde grünes Licht gegeben und wir konnten die Grenzkontrolle durchlaufen. Blöd nur, dass das System mal wieder fürn Arsch war. Und so konnten wir uns hier lediglich aus Chile abmelden. Die Registrierung für Bolivien erfolgt separat an einem anderen Standort zwei Kilometer weiter, dem gesonderten Grenzübergang nach Bolivien.
Die kurzzeitige Euphorie, die durch die passierte erste Grenze aufkam, wurde an diesem Grenzübergang nun schnell wieder getrübt. Es war Mittagspause für die Kontrolleure an Boliviens Grenzübergang, eine Kontrolle sei erst in zwei Stunden möglich.
Und so gab es auch das Mittagessen an diesem Tag an der Grenze. Immerhin kann ich nun von mir behaupten, zwei volle Stunden wortwörtlich in einem Niemandsland gewesen zu sein. Zwischen den Grenzen Chiles und Boliviens.
Auch das System hier war katastrophal und die Mitarbeiter hatten interessante und gleichzeitig nutzlose Ideen, für Ordnung in der Schlange zu sorgen, aber wie eingangs erwähnt, Organisation ist hier eben kein bekannter Begriff.
Doch zwei Stunden später wir schafften es, auch diese Grenze zu überqueren und waren 10 Stunden nach der Abfahrt nun tatsächlich in Bolivien.
Bereits nach dem ersten Grenzübergang stiegen Nicole und ich aus dem Kleinbus in unseren Jeep um. Gemeinsam mit Katharina aus Düsseldorf und Lukas aus München hatten wir ein deutschsprachiges Auto. Mit Ausnahme von Johney aus China, der in der USA lebt und natürlich unserem Fahrer, der leider kein Englisch konnte, dessen Spanisch aber die gesamte Tour über zuverlässig und äußerst professionell von Katharina übersetzt wurde.
Und so konnte die Tour nun endlich starten. Am ersten Tag war durch die zeitaufwändigen Grenzübergänge sehr viel Zeit verloren gegangen. Wir reisten gemeinsam mit den drei weiteren Jeeps unserer Reisegesellschaft und hatten es im Gegensatz zu allen anderen Gesellschaften als einzige geschafft, das für den ersten Tag vorgesehene Programm trotz der Zeitverzögerungen noch erfüllen zu können.
Der Weg führte uns am ersten Tag durch die Salvador-Dali-Wüste vorbei an verschiedenen Lagunen. An der Laguna Cañapa sah ich die ersten Flamingos in Real-Life. Zwischen der Laguna Cachi und der Laguna Kara inmitten des Wüstengebiets, passierten wir dann ein regelrechtes Schneegestöber. Doch solange wir die Tour durchführen konnten, schafften wir es, alles mit Humor zu nehmen.
Südlich der Laguna Colorado, einem 60 Quadratkilometer großen See, der seinen Namen aufgrund seiner auffällig roten Färbung trägt, lag dann unser erstes Hostel.
Es war bereits dunkel. Ich selbst war erschlagen.
Als es die Tage zuvor in San Pedro regnete, lief ich in kurzen Klamotten durch die Kleinstadt. Und so hatte mich in der Wüste erkältet. In Kombination mit der Höhe von rund 4300 Metern, die ich nicht ohne weiteres verkraftete, war ich nun krank geworden.
Neben Ibus fand ich durch 10 Stunden Schlaf und literweise Wasser aber ausreichend Medizin, um den Rest der Tour zu überstehen. Nicht, dass mir etwas anderes übrig geblieben wäre.
Am morgen des zweiten Tages war der Sonnenaufgang ein erstes Highlight. Der weite Horizont färbte sich in ein Licht, dass einem das Gefühl von Wärme gab und uns motiviert in den Tag starten ließ.
Den ersten Halt machten wir im Valley of Rocks, auch bekannt als die Steinstadt. Hier waren vulkanische Gesteine zu sehen, die von den Vulkanen der Anden ausgestoßen wurden. Einer dieser Steine hat die Form eines Kamels. Wir nutzten die Gelegenheit für ein Gruppenfotos mit allen Leuten unserer Reisegesellschaft und Lukas die Gelegenheit, seine Kletterkünste unter Beweis zu stellen. Mit einer Portion Glück und viel Mithilfe anderer, schaffte er es sogar, vom Kamel wieder herunterzukommen.
An der Laguna Negra sahen wir unzählige Lamas, die über die Begegnung vermutlich weniger amüsiert waren, als wir, ehe wir in einem kleinen Restaurant in einem kleinen Dorf inmitten des weiten Nichts Mittag aßen.
Zwei Damen gegenüber von mir am Tisch wiesen mich auf meinen Sonnenbrand hin. Tatsächlich war die Farbe meines Gesichts zu diesem Zeitpunkt intensiver als die des Sonnenaufgangs am Morgen. Ich hatte mich nicht eingecremt, schließlich war es die meiste Zeit über bewölkt. Doch die Sonne hat in über 4000 Metern Höhe natürlich eine ganz andere Intensität. Muss man sich erst dran gewöhnen.
Wir fuhren weiter zu den Inca- und Sora- Canyons, auf die wir von einem Aussichtspunkt aus einen einzigartigen Anblick hatten. Wir sahen die Kinoafelder an der Laguna Vinto und machten Halt in Julaca, einem kleinen Dorf mit einem Bahnhof. Hier war Bier-Tasting angesagt. Das Bier gab es in den Sorten Quinoa, Coca und Kaktus. Während wir das Bier genossen, sahen wir einen Güterzug vom Bahnhof abfahren und 10 Minuten rückwärts wieder einfahren. Hatte wohl etwas vergessen.
Die zweite Nacht verbrachten wir im Hotel de Sal Tambo Loma, einem Salzhotel vor dem Beginn der Salar de Uyuni. Im Normalfall würde man am dritten Tage der Tour die Salzwüste durchfahren. Unser Guide erklärte uns beim Abendessen, dass die bolivianische Regierung die Salzwüste vorübergehend geschlossen hat. Der Regen der letzten Tage machte die Salzwüste unpassierbar.
Am dritten Tag unserer Tour mussten wir nun also die Salzwüste, das eigentliche Highlight und Ziel der Tour, gänzlich umfahren.
Es wurde uns damit einiges genommen. Vor allem der Sonnenaufgang in der Salzwüste, das viel kommunizierte Highlight der Tour, blieb uns somit verwehrt.
Doch aufgrund der Umstände mussten wir uns glücklich schätzen, dass es uns immerhin möglich war, von Uyuni aus, der Endstation der dreitägigem Tour, 9 km in die Wüste hineinzufahren.
Bevor wir das taten, besuchten wir in Uyuni noch den Eisenbahnfriedhof. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde aus den tiefen Schichten der Salzwüste Natriumnitrat, Metalle und Minerale abgebaut, mit Zügen an die Pazifikküste gebracht und dort verschifft. Als Mitte des 20. Jahrhunderts die Minen-Industrie aufgrund territorialer Konflikte mit Nachbarländern zusammenbrach, verlor Bolivien den Zugang zu seinen Häfen. Seitdem wurden die Dampfloks nach und nach ausgeschlachtet und am Rande der Salzwüste sich selbst überlassen. Heute ist es der größte Eisenbahnfriedhof weltweit.
Warum man die Salzwüste in diesen Tagen noch vollständig durchfahren durfte, erklärte das Bild, was uns geboten wurde, als wir die Salar de Uyuni erreichten. Sie stand wirklich buchstäblich unter Wasser. Was unseren Fahrer nicht daran hinderte, in sie hineinzufahren. Schaute man vorne durch die Windschutzscheibe, so entstand durch die Wolken am Horizont und die Spiegelung dieser im Wasser der Salzwüste das Gefühl, wir würden durch den Himmel fliegen.
Nach ein paar Kilometern machten wir halt an einem Salzhotel, um Fotos in allen verschiednen Motiven zu machen.
Salar de Uyuni ist mit mehr als 10.000 Quadratkilometern die größte Salzwüste der Welt. in den faszinierenden Weiten der Salzwüste scheinen hier Himmel und Horizont zu verschmelzen.
Und auch wenn es uns nicht möglich war, die Wüste an diesem Tag zu durchqueren, bildete dieses außergewöhnliches Erlebnis ein schönes Ende einer verrückten Reise durch Boliviens Wüstengebiete.
Trotz aller Umstände war es eine tolle Tour, nicht zuletzt weil wir es in unserer Kleingruppe im Jeep schafften, stets für Unterhaltung und gute Stimmung zu sorgen.
Wir sprachen viel, lachten viel, und zum Schluss sogar sangen wir viel. Die Liedtexte zu „Atemlos“ und „das rote Pferd“ saßen und mit Udo Jürgens „Griechischer Wein“ schafften wir es sogar, unseren Guide vom Klang des deutschen Schlagers zu überzeugen.
So endete nun ein denkwürdiges Abendteuer in der Wüste und es bleibt die Erinnerung an einen Wüstenaufenthalt im Regen, an kuriose Geschichten und an die Menschen, die ich in diesen Tagen kennenlernte, die ich hier nicht alle erwähnen kann, durch die diese Tage auch trotz der vielen Umstände schöne Tage wurden, die in guter Erinnerung bleiben werden.
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Andrea Völtzer (Mittwoch, 08 März 2023 18:49)
Mein lieber Alex!
Diese neue Möglichkeit eines Kommentars möchte ich mal gleich nutzen…
Du hast wieder so unterhaltsam ,informativ und witzig geschrieben….ich reise in Deinem blog immer mit und das macht mir als Reisefan so richtig Spaß!
Bist ein toller Sohn ��♀️
Ich wünsche Dir noch viiieeeele weitere interessante Erlebnisse .
See you in May !