
Zeitraum: 26.1. - 2.2.
Ich hatte nie darüber nachgedacht, nach Argentinien zu gehen, selbst bei meiner Ankunft in Südamerika nicht. Ich hatte keine Ahnung von Argentinien und wollte ursprünglich nur die Länder an der Pazifikküste bereisen.
Nun ist es bereits fast zwei Monate her, als ich in Ushuaia ankam. Mit Ausnahme der Tage in Uruguay in der Zwischenzeit war ich seitdem in Argentinien unterwegs und habe eigentlich alles gesehen, was dieses einzigartige Land zu bieten hat.
Häufig werde ich von Reisenden gefragt, was mein Highlight in Argentinien war. Eine Frage, die sich kaum beantworten lässt, denn Argentinien ist ein Land, dass vielfältiger nicht sein könnte und dessen Orte unmöglich miteinander zu vergleichen sind.
Durch die überdimensionale Größe des Landes von 2,8 Mio. Quadratkilometern herrschen in Argentinien mehrere Jahreszeiten gleichzeitig. Während ich in Patagonien bei Temperaturen von 5-10 Grad in Winterklamotten herumlief, kam ich eine Woche später in Buenos Aires bei 35 Grad schon ins Schwitzen, wenn ich nur auf die Straße ging. Und so überwältigend die Natur Patagoniens war, so war es die Großstadtmetropole Buenos Aires auf eine ganz andere Art und Weise. Bei allem, was ich hier sah und hier erlebte, wäre die einzig ehrliche Antwort, Argentinien war ein einziges Highlight.
Und dieses Highlight hielt nun noch ein letztes Kapitel bereit.
The weird dream of Cordoba
Rob zeigte mir einen Vogel. So wie jeder Reisende, dem ich von meiner nächsten Busfahrt erzähle, die über 20 Stunden andauert. So, wie jeder Reisende, dem ich erzähle, dass ich innerhalb Südamerikas noch keinen einzigen Flug genommen habe. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, ich verzichte rein aus Umweltgründen auf Flüge. Denn es gibt noch viele weitere. Busfahren ist günstiger und durch einen Nachtbus spare ich mir den Preis für eine Unterkunft. Der für mich entscheidende Grund aber liegt in meiner Abenteuerlust. Es ist mir schlichtweg zu langweilig, sich einfach in ein Flugzeug zu setzen und an einen anderen Ort gebeamt zu werden. Durch die Busfahrten bewahre ich mir das Gefühl für die unglaublichen Distanzen, die zwischen den Städten Südamerikas liegen und nehme viel mehr von diesem Kontinent wahr.
Argumente, die Rob schließlich überzeugten und so trat ich mit ihm gemeinsam meine mit 25 Stunden Fahrt bislang längste Busreise an. Mit Verpflegung für vier Mahlzeiten, heruntergeladenen Serien und Filmen ging es nun in Richtung Córdoba.
Mein eigentliches nächstes und zugleich letztes Ziel in Argentinien hieß Salta, eine Stadt im Nordwesten des Landes an der Grenze zu Chile und Bolivien gelegen.
Córdoba sah ich nur als einen Zwischenstopp, Warum viele Reisende, die ich zuvor traf, eine Empfehlung für diese Stadt ausgesprochen haben, verstehe ich bis heute nicht. Wobei wir eingestehen müssen, dass unsere Meinung zu Córdoba mit Sicherheit schwer durch unsere Erfahrungen während unser Zeit in dieser Stadt beeinflusst ist.
In Córdoba ließen die Straßenhunde den Käse liegen, der von unserem Frühstück in einem Café übrig geblieben war. Und die Tauben pickten um das Stück Wurst herum, dass ich ihnen zuwarf. Für die Tauben hatten wir jedoch Verständnis, denn das Stück Wurst war übrig geblieben von einem widerlichen Mittagessen in einem Restaurant.
Um Rob ein wenig deutsche Kultur nahezubringen, bestellte ich für uns beide eine „Plato Berlin“. Wenn Südamerikaner versuchen, Würstchen, Kartoffelsalat und Sauerkraut zuzubereiten, endet es im Desaster. Immerhin fanden wir hier aber etwas zu essen, denn es war Sonntag und Restaurants haben hier sonntags generell geschlossen.
In unserem Hostel wurde in einem Aufenthaltsraum wurde Pirates of the Carribean auf 120 Dezibel geschaut, ehe bei selber Lautstärke auf Ice Age umgestellt wurde.
Die Frau an der Rezeption war mit allem und jedem überfordert und brachte alles durcheinander.
Bei unserem einzigen Ausflug nach Cuesta Blanca unternahmen wir eine kleine Wanderung, ehe wir in einem Fluss baden gingen. Die Tatsache, dass er bräunlich gefärbt war und außer uns niemand im Wasser war, ließ den schweren Verdacht schöpfen, wir haben in Scheiße gebadet. Auf der Busfahrt zurück stieg zwei Stationen vor Cordoba ein Mann aus. Zivilgekleidet, in seiner rechten Hosentasche baumelte eine Pistole. In Córdoba selbst gab es außer 375 Kirchen nicht viel zu sehen. Ein paar von ihnen besuchten wir, ansonsten liefen wir planlos durch die Stadt und waren nicht enttäuscht, diese Stadt nach zwei Tagen wieder zu verlassen.
Rückblickend wirkte unser Aufenthalt in Córdoba wie ein merkwürdiger Traum.
Salta
Die elf Stunden Fahrt nach Salta fühlten sich im Vergleich zum 25- Stunden- Trip nach Córdoba harmlos an. Ungünstig war dieses Mal, dass wir bereits morgens um 7 in Salta ankamen. Zu früh, um im Hostel einchecken zu können. Im Aufenthaltsraum lernten wir Nicole aus der Schweiz kennen. Sie ist seit Juni auf großer Weltreise und hatte ebenfalls eine Nachtfahrt hinter sich. Während Rob und ich jene Nachtfahrt noch verarbeiten mussten, hatte Nicole die kreative Idee, die Wartezeit für den Check-In mit einer kleinen Wanderung auf einen Berg in der Stadt zu machen.
Vom Cerro San Bernardo aus hat man einen super Ausblick über die Stadt. Und die Anstrengung des Aufstiegs hatte sich gelohnt. Ich hatte eine kleinere Stadt erwartet und war von der Größe Saltas überrascht. Nahe der Grenzen zu Chile und Bolivien liegt Salta an den Ausläufern der Anden und ist mit 535.000 Einwohnern die achtgrößte Stadt Argentiniens.
Da Rob und ich Nicoles Idee gefolgt waren, war sie es uns schuldig, uns unserer Idee zu folgen. Und so ging der Weg zurück per Cable-Car.
Im Hostel verschafften einem die Pods-Betten Privatsphäre. Der für jedes Bett bereitgestellte Ventilator konnte die fehlende Klimaanlage jedoch nicht ersetzen.
Man hatte in der Nacht die Wahl zwischen einer Sauna oder Orkan- ähnlichen Windverhältnissen.
Wie bereits in Córdoba gab es in Salta außer unzähliger Kirchen wenig zu sehen und zu unternehmen. Das Potenzial für Aktivitäten liegt nördlich und südlich der Stadt.
Und so entscheiden wir uns, für einen Tag ein Auto zu mieten. Für 45€ bekamen wir einen schnittigen Renault und machten uns auf den Weg in Richtung Norden. Unser Ziel war der Cerro de los 14 Colores. Der Weg dorthin führte durch die Quebrada de Humahuaca, eine ca. 150 Kilometer lange Schlucht in der Provinz Jujuy. Von dem kleinen Dorf Humahuaca aus führte ein 25km lange Schotterpiste zum Cerro de los 14 Colores. Der Aussichtspunkt auf den Berg liegt auf 4350 Metern über dem Meeresspiegel und bot eine beeindruckenden Blick auf die bunte Bergkette.
Unser zweites Ziel hieß die Salzwüste Salinas Grandes.
Bereits der Weg dorthin war ein Highlight. Über die Ruta Nacional 52 ging es in Serpentinen auf über 4000 Metern Höhe durch die Anden, ehe wir die rund 212 Quadratkilometer große Salzwüste erreichten. Die Straße durchquerte die Salinas Grandes und wir hielten an einem öffentlichen Parkplatz, um die Salzwüste zu betreten.
Um nicht exakt denselben Weg wieder zurückzufahren, setzt ich mich dafür ein, dass wir eine alternative Route wählten. Diese Alternative wurde zu einer echten Herausforderung, denn es ging für rund 70 Kilometer über eine Schotterpiste durchs absolute Nichts. An einer Stelle war die Straße in einen See verwandelt, den wir durch die Steppe umfahren mussten, ansonsten bereitete die Strecke aber wenig Probleme. Allerdings wurde es auch ein Rennen gegen die Zeit, denn die Abenddämmerung setzte bereits ein und wir wollten diese Straße ungern im Stockdunkeln ohne Handyempfang passieren. Wir schafften es letztlich mit Anbruch der Dunkelheit in den nächsten Ort San Antonio de los Cobres, wo wir in einem Lokal zu Abend aßen. Man war hier offensichtlich keine Touristen gewohnt und so wurden wir vom gesamten Restaurant angestarrt wie Außerirdische. Der Rest der Strecke führte dann wieder über eine normale Straße und wir kehrten am späten Abend nach Salta zurück.
So endete nun meine Zeit in Argentinien. Ich werde dieses Land und alles, was ich hier in den letzten beiden Monaten erleben durfte, vermissen. Während Rob nach Mendoza in Richtung Süden zog, buchten Nicole und ich ein Busticket über die Grenze nach Chile hinein in die Atacamawüste.