Der Ferne so nah

Reisemotivation

 

August 2022

 

„Erstmal ein bisschen hier arbeiten und dann 6 Monate Work & Travel in Australien.“ So antwortete ich damals auf die Frage nach meinen Plänen nach dem Abi. 

Ich hatte damals gekniffen. Nicht, weil ich einen Auslandsaufenthalt nicht wollte. Der Gedanke, mein Umfeld aufgeben zu müssen, wog schwerer als die Freude auf ein Abenteuer. „Das mit dem Ausland kann ich ja immer noch machen, das Leben ist lang, es ist ja Zeit genug.“ Ich entscheid mich damals, ein FSJ zu absolvieren und ein Jahr später für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Als der Zeitpunkt näher kam, entschied ich mich erneut gegen meine eigentlichen Pläne und begann mein Studium. „Das mit dem Ausland kann ich ja immer noch machen, das Leben ist  lang, es ist ja Zeit genug.“ Einen nächsten Anlauf wollte ich dann im Sommer letzten Jahres nach Abschluss meines Bachelorstudiums nehmen. Doch Corona mischte die Karten neu. Als die Pandemie im Frühjahr 2021 ihren Höhepunkt erreichte, beschloss ich, meine Reisepläne erneut ad Acta zu legen. Zu risikoreich und zu ungewiss wäre mir eine Planung und Durchführung einer Reise gewesen. „Das mit dem Ausland kann ich ja immer noch machen, das Leben ist lang, es ist ja Zeit genug.“ Ich entschied mich, meinen Bachelorabschluss auf 2022 zu verschieben und ein Jahr lang auf Vollzeit zu arbeiten. 2022 würde ich dann auf jeden Fall meine Pläne in die Tat umsetzen. Die zwischenzeitlich kritische Corona-Lage im Winter und verschiedene Entwicklungen bei mir persönlich brachten auch dieses Mal die Pläne ins wanken. Der Gedanke, sie ein weiteres mal zu vertagen, war zwischenzeitlich erneut verlockend. Doch meine mehrmalig gescheiterten Pläne entwickelten eine Erkenntnis in mir. Ich musste einsehen, dass wenn ich es jetzt nicht mache, ich es wohl auch nie mehr machen werde. Weil es immer Gründe geben würde, die dagegen sprechen. Ende Januar beschloss ich, Nägel mit Köpfen zu machen und alles in die Wege zu leiten und meine Pläne und Träume endlich anzugehen. 

 

Das bedeutete in erster Linie, in meinen verschiedenen Lebensbereichen für Klarheit zu sorgen. Dass ich ab Sommer erstmal weg bin. Hinter mir liegt eine tolle, aber auch intensive Zeit als Aushilfslehrer, Student, Fußballtrainer und Fußballspieler. 

Es ist für mich zum einen ein befreiendes Gefühl, einfach mal alles ruhen zu lassen, mal Abstand gewinnen zu können. Mal rauszukommen aus der sich ohne Unterbrechung drehenden Mühle des Alltags mit seinen Aufgaben, den Terminen & Pflichten und der Verantwortung auf verschiedenen Ebenen. Was einerseits befreiend ist, war andererseits mit schweren Entscheidungen verbunden. Eine Entscheidung für eine Reise bedeutete auch eine Entscheidung gegen mein Leben, das ich mir in den letzten Jahren aufgebaut habe. Oder zumindest mal bedeutete sie, dieses Leben für eine Zeit lang nicht leben zu können. Sie bedeutete, mich von Aktivitäten und Menschen zu verabschieden, die mir sehr viel bedeuten. 

 

Und so lässt sich diese Entscheidung für mich aus verschiedenen Perspektiven  betrachten. Es ist eine Entscheidung gegen Sicherheit und für Ungewissheit.  Eine Entscheidung gegen die eigene Komfortzone und für ein Abenteuer.

Ob ich richtig entschieden habe, wird mir nur die Reise selbst zeigen können.

Aber wenn ich eines vermeiden will, dann ist es ein späterer Rückblick auf mein Leben, bei dem ich einsehen muss, dass ich es bereue, diesen Schritt nicht gegangen zu sein. In den letzten Monaten, nachdem ich die Weichen gestellt hatte,  wichen die Zweifel nach und nach und machten Platz für eine große Vorfreude. Ich dachte mir, wenn Du unterwegs merkst „ey, das ist ja mal überhaupt nicht dein Ding und du kommst überhaupt nicht klar und willst eigentlich nur wieder nach Hause“, dann gehst Du eben wieder nach Hause. Aber ich habe es wenigstens ausprobiert und die Erkenntnis gewonnen, dass das Ganze gar nichts für mich ist. Dieser Gedanke half mir ungemein, mich auf alles einzulassen. 

 



Pläne

Was genau habe ich eigentlich vor? Diese Frage ist für mich schwer zu beantworten. Wenn ich in den vergangenen Monaten Leuten erzählt, habe, dass ich ins Ausland gehe, folgten automatisch die Fragen „wohin?“, „wie lange?“, „mit wem?“. Niemandem habe ich diese Fragen verübelt. Und doch spiegeln sie gewissermaßen unsere uns eingetrichterte Denkweise wider. Dass man für alles, was man im Leben tut, einen klaren Plan haben muss. Ich selbst habe bislang immer so gelebt. Auch ich habe die Überzeugung, dass man gewisse Pläne und Ziele haben sollte, die man verfolgt. Ich sehe es aber nicht ein, das auf das Reisen zu übertragen. Jeder definiert es für sich anders, und das ist auch gut so. Für mich ist Reisen mit Spontanität verbunden. Ich habe in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass immer die Urlaube die besten waren, in denen vieles spontan ablief. Da waren bspw. Familienurlaube als „Insel-Hopping-Touren“ in Griechenland oder ein Europa- Roadtrip sowie weitere kleine Roadtrips innerhalb Deutschlands mit Freunden. All diese Urlaube vereint, dass es keine konkrete Reiserouten, keine im Vorfeld gebuchten Unterkünfte gab. Dass sich alles unterwegs entwickelte. 

Ich wusste also, dass ich mich im Vorfeld auf nichts festlegen würde. Ich habe auch keinen Flug gebucht, auch einen konkreten Zeitraum habe ich nicht. Mein Reisestil würde anders aussehen. Ich würde einfach losziehen und gucken, was passiert. Mich treiben zu lassen, nicht zu wissen, was der morgige Tag bringt. Das war mein persönlicher Reiz für eine Reise. 


Natürlich geht es nicht ganz ohne Planung. Man kann nicht einfach so die Welt bereisen, sondern es müssen für bestimmte Regionen auch bestimmte Vorkehrungen getroffen werden. Ich musste mir daher schon ein wenig Gedanken machen, in welche Richtung es für mich ungefähr gehen sollte. Ich möchte gerne nach Südamerika, das habe ich für mich herausgefunden, ohne bislang ein konkreteres Ziel formuliert zu haben. Für Südamerika brauchte ich die volle Bandbreite an Impfungen und natürlich einen Reisepass sowie einen internationalen Führerschein. Fertig. Was mir dafür noch fehlt sind Spanisch-Kenntnisse, die über dem Niveau von „Hola“ und „Gracias“ liegen. Auch in der Hoffnung, mich mit der Zeit an einige Inhalte aus 3 Jahren Spanisch-Unterricht in der Schulzeit zu erinnern, lerne ich daher mit Babbel in der Erwartung, dass sich das investierte Geld für ein 6- Monate- Abo auch rentiert. Ob und wann es nach Südamerika geht und wohin genau? Keine Ahnung. 

Schauen wir mal. Dieser Satz übrigens wurde bei mir zuletzt zu einer echten Routine in Gesprächen über mein Vorhaben. Was eigentlich ein Lückenfüller für Konversationen ist, bei denen man gerade nicht weiß, was man als nächstes sagen würde, sind diese Worte bei mir und meiner Reiseplanung zu einem echten Leitsatz geworden. 

Wie der Start war, wo meine Reise zuerst hinging und was ich in den ersten Tagen so getrieben und erlebt habe, wird in Kürze meinem ersten Reisebericht zu entnehmen sein. 

 

Bis dahin. 

Schauen wir mal